Neues White Paper zu altersgerechtem Wohnen

Interview mit Sebastian Holl, CEO wohnvoll AG

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4 Minuten
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Sebastian, was ist das Besondere am wohnvoll-Konzept?

Das Besondere ist, dass wir das Thema Altwerden neu denken. Wir haben in den vergangenen Jahren viele Seniorinnen und Senioren dazu befragt, was ihre Bedürfnisse sind und uns bestehende Konzepte angeschaut. Betreutes Wohnen wird bisher immer aus der Sicht des Betreibers gedacht. Das sollte anders sein. Wir wollen ein nutzerzentriertes Konzept bieten, in dem die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner ohne Pflegegrad lebt und sich wohl fühlt. Wir bieten ihnen Serviceleistungen ähnlich wie im Hotel. Hinzu kommt, dass Einsamkeit im Alter das Altwerden enorm beschleunigt. Wir wollen durch multifunktionale Räumlichkeiten und digitale Konzepte Gemeinschaft schaffen und fördern. Das ist eine klare Weiterentwicklung zum üblichen Schwarzen Brett in Pflegeheimen und die nächste Evolutionsstufe im Bereich Senior Living. Durch unsere Angehörigen-App haben bspw. Enkelin und Enkel die Möglichkeit, aktiv am Leben ihrer Großeltern teilzunehmen – auch wenn sie mehrere hundert Kilometer weit weg wohnen. 

Wer ist eure Zielgruppe?

Das sind Paare oder alleinstehende Menschen im Altersbereich 65plus, die noch viele Jahre ein aktives und selbstbestimmtes Leben haben und sich weiterentwickeln wollen. Wir bieten die Sicherheit der vollumfänglichen Versorgung im Falle eines späteren Pflegebedarfs, sodass kein teurer und nervenaufreibender Umzug in ein Heim nötig wird. Beim Preisniveau der Wohnungen sprechen wir eine breite Seniorenschicht an. Als Richtwert gilt, wer in seinem Haushalt eine Rente von rund 1.500 Euro hat, kann bei uns Mieter werden.

Wie läuft die Umsetzung des Konzeptes? Welche Pläne habt ihr?

Wir entwickeln derzeit gut 30 Standorte in Deutschland, von denen wir die meisten Grundstücke bereits gekauft haben. Im Jahr 2023 werden die ersten wohnvoll-villages an den Start gehen. Als Plattform nutzen wir beim Neubau unserer Projekte ein nachhaltiges und wiederholbares Konzept. Wir bauen im KfW-40-Standard, so dass alle Gebäude 60 Prozent weniger Energie verbrauchen als ein herkömmliches Haus. Wir haben alle Kompetenzen in unserem Führungsteam gebündelt und kennen die Bedürfnisse unsere Zielgruppe durch umfangreiche Befragung und Erfahrung. In den nächsten Jahren soll unsere Plattform auf mindestens 60 Standorte anwachsen.

Wie sieht ein typisches wohnvoll-village aus?

Darin gibt es etwa 80 Wohnungen von 45 bis 75 Quadratmetern Größe. Sie sind sehr funktional und praktisch geschnitten. Auch in den kleinen Wohnungen soll es beispielsweise einen Hauswirtschaftsraum geben. Im Eingang findet sich eine Garderobe mit Sitzmöglichkeit und einem großen Spiegel. Jede Wohnung soll eine Loggia haben, die nicht nur im Sommer, sondern in drei der vier Jahreszeiten genutzt werden kann. Im Erdgeschoss gibt es Gemeinschaftsflächen, die zum Beispiel für die Tagespflege für Senioren genutzt werden kann. Abends können dort Yogakurse oder Angebote der Volkshochschule durchgeführt werden. Daneben gibt es ein Restaurant und ein Café, die natürlich auch den Nachbarn zugänglich sind. Ein Community-Manager und der ambulante Pflegedienst sind immer ansprechbar vor Ort. Im 1. Obergeschoss wollen wir ein bis zwei Pflegewohngemeinschaften für Mieter mit einem höheren Pflegegrad einrichten, die rund um die Uhr betreut werden. So können auch Ehepartner, wenn einer der Partner pflegebedürftig wird, weiter gemeinsam im gleichen Haus leben. Je nach Grundstücksgröße planen wir zudem einen Garten, in dem bspw. Hochbeete angelegt werden können. Wir überlegen sogar, Hühner oder Bienen zu halten. 

Wie seid ihr auf das Konzept gekommen?

Die Frau unseres Aufsichtsratsvorsitzenden Andreas Steyer ist seit langen Jahren in der Seniorenbetreuung aktiv und er selbst hat einen Immobilienhintergrund. Sie hat immer zu ihm gesagt: «Bau mir ein Haus für meine Senioren, die in ihren großen Häusern viel zu viel zu tun haben und trotzdem einsam sind. Ein Haus, in dem sie gemeinsam wohnen können und in dem das Leben im Fokus steht.» Die Idee ist bei ihm über Jahre gereift. Dann traf er auf Andreas Skoberne, der mit seiner Firma PflegeQuartier die Idee bereits umgesetzt hatte und man tat sich zusammen. Mich haben die beiden im Mai angesprochen und mussten mich nicht lange überzeugen. Mein Vater ist selbst in der Situation, mit Pflegegrad noch zuhause zu wohnen. Ich habe ihm vor 20 Jahren eine Wohnung gekauft, damit er gut versorgt ist. Hätte es vor zehn Jahren das wohnvoll-Konzept schon gegeben, hätte ich meinem Vater viel lieber eine solche Wohnung gemietet. 

Du kommst ursprünglich aus der Bankenbranche, wie kam es zum Wechsel zum Bereich Senior Living?

Als Investmentbanker ist man auch immer Strategieberater für die Unternehmen, die man betreut. Um deren Aktie auf dem Kapitalmarkt zu platzieren, muss man die grundlegenden Treiber des Geschäftsmodells verstehen. Außerdem ist es notwendig, sich mit den Märkten und der Wettbewerbsposition auszukennen. Während meiner 25 Jahre in diesem Bereich habe ich auch viele Immobilienunternehmen begleitet und mir hier einen Fokus aufgebaut. Dadurch wurde eine Sache immer klarer für mich: In einer Zeit mit einer immer älter werdenden Bevölkerung gibt es einen strukturellen Mangel an Seniorenimmobilien. Außerdem bilden bestehende Konzepte nicht den Bedarf einer sich stetig weiterentwickelnden Generation ab. Daher habe ich den Drang verspürt eine operativere Rolle in diesem Wandel zu übernehmen. 

Aber Du hast die Seiten gewechselt, oder?

Ja, das stimmt. Ich habe aber immer schon versucht, über den Tellerrand zu schauen und offen für Veränderungen zu sein. Ich habe schon früh die Investorensicht im Blick gehabt und Unternehmen beraten. Nach 25 Jahren Investment-Banking von der Broker-Seite auf die Unternehmensseite zu wechseln, ist allerdings schon ein großer Schritt. Ich hatte immer wieder Angebote, die mir aber nie interessant genug erschienen. Bei wohnvoll können wir aber etwas bewegen und Positives für die Gesellschaft tun. Es fehlen heute 600.000 Wohnungen für Senioren, wir schaffen bezahlbaren Wohnraum für sie. Das hat mich sehr gereizt.

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Anette von Zitzewitz
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anette.vonzitzewitz@wohnvoll.com